Dialogisches Coaching

Coaching als Dialog - Resonanz finden

Neulich fragte mich eine Kollegin: Was kann man von Deinen 35 Jahren Erfahrung als Coach und Konfliktmoderator lernen, was machst Du heute anders? Nach einigem Nachdenken kam mir etwas in den Sinn, das für Coaches und speziell für Führungskräfte im Alltag sehr hilfreich sein könnte:

Anstatt „klassisch zu coachen“ (Hilfe zur Selbsthilfe), versuche ich heutzutage, einen natürlichen Dialog auf Augenhöhe zu führen. Dabei achte ich darauf, ob wir im Gespräch Resonanz haben und reagiere bei fehlender Resonanz sofort. Resonanz bedeutet hier nicht einfach „Echo-“, sondern „Antwortbeziehung“ (schön beschrieben vom bekannten Soziologen Hartmut Rosa).

Resonanz findet (meist auch körpersprachlichen) Ausdruck als Reaktion oder Nichtreaktion auf die Situation und das Gegenüber. In einem Gespräch bestimmt die gegenseitige Wahrnehmung von Vertrauen, Nähe, Glaubwürdigkeit, Offenheit, Augenhöhe, Stimulanz, Betroffenheit, Relevanz, Sinnhaftigkeit und Akzeptanz, ob Resonanz entstehen kann.

Ein Beispiel dazu:
Im Coaching mit einem Geschäftsführer antwortete dieser jeweils blitzschnell, gescheit und wortgewandt. Meine Fragen brachten offenbar sein Grosshirn zum Schwingen, aber nicht den ganzen „Resonanz-Körper“. 

Ich fragte ihn, ob ich eine Beobachtung mit ihm teilen dürfe. Er bejahte und ich beschrieb, wie ich ihn wahrnahm und sagte, dass er für mich wie aus der Rolle eines Experten spreche. Er meinte: „Sie sind der Coachingexperte und ich kenne mich in den inhaltlichen Fragestellungen aus…“.
Darauf ich: „Gehen wir einmal davon aus, dass weder Sie noch ich Experten sind, wie würden wir dann miteinander reden?“ Er schwieg lange und meinte dann, das würde ihn verunsichern mit einem Coach zu reden, der sich nicht als Experte sehe, das sei im unvertraut. Er finde die Idee aber trotzdem spannend. Ich frage, was denn daran für ihn spannend sei, und er meinte, dass ihm das vielleicht helfen könnte, weniger nach „gescheiten Antworten“ zu suchen. Ich fragte, ob er meine Fragen wenigstens auch als „gescheite Fragen“ sehen würde, was uns beide zum Lachen brachte – wir waren auf Augenhöhe.

Nach einigen Sessions meinte er, dass er diese Art von Resonanz-Dialog auch mit Teammitgliedern ausprobiert habe, sowie zuhause. Mit dem Team habe es besser funktioniert als mit der 15-jährigen Tochter 😊… 

Der grosse Nutzen für ihn sei, dass er diese Art von Gespräch in seiner Führungsrolle als viel natürlicher erlebe. Vorher habe er immer wieder probiert, einmal Führungskraft und dann wieder Coach zu sein.
Er sei jetzt viel achtsamer und gehe Störungen in der Resonanz oder mangelnder Augenhöhe sofort auf den Grund, indem er freundlich nachfrage. Wichtige Gespräche hätten sich deutlich verlangsamt und es sei generell mehr Akzeptanz für die erarbeiteten Lösungen spürbar. Und er habe jetzt eine Idee, wie er auch im Gespräch mit seiner Tochter Augenhöhe und Resonanz erreichen könnte…

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